Erziehung nach der Päderastie
Warum die Odenwaldschule nicht nur eine Päderastenanstalt war, sondern auch ihre pädagogischen Ziele nie erreicht hat. Und warum sie das überwinden muss.
Quelle: taz
Die Gründer der Odenwaldschule haben die Ziele der Pädagogik in dem Spruch "Werde der, der du bist" subsumiert. Dieser Spruch ist zugleich ein Versprechen. Es wird jedem Kind gegeben, das der Obhut der Pädagogen überantwortet wird. Versprechen sind verbindlich und müssen eingelöst werden, jedenfalls muss alles für deren Einlösung getan werden.
Jede Stunde im Leben eines Heranwachsenden dient seiner Orientierung in der Wirklichkeit und seinem Bemühen, sie zu verstehen. Es handelt sich um einen fortschreitenden Prozess der Bewusstwerdung der äußeren Welt zur Bewusstwerdung der inneren Welt. Wie dieser Prozess sich entfaltet, hängt nicht von Zufällen ab, vielmehr wird er von Personen mitbeeinflusst, die der Jugendliche als Vorbilder wahrnimmt.
Der Identitätsfindungsprozess "Werde der, der du bist" ist somit davon abhängig, wie die Vorbilder in alltäglichen Situationen agieren, reagieren und was sie ausdrücklich vertreten. Im Mikrokosmos eines Internats verläuft dieser Prozess in einem hermetischen Raum. Im Kontext des Internats Odenwaldschule ist dieser hermetische Raum das Konstrukt der "OSO-Familie", also der spezifischen Heimpolitik, Schüler und Lehrer und Familien direkt zusammen wohnen und leben zu lassen. Dieser Hermetik kann sich ein Kind nur sehr schwer entziehen. Seine Orientierung ist also vornehmlich darauf angewiesen, wie es den Pädagogen gelingt bzw. misslingt, die Werte der Humanität tagtäglich nachvollziehbar zu verwirklichen. Die Sichtbarmachung ebendieser Werte sorgt für die Einlösung des Versprechens. "Werde der, der du bist".
In der deutschen Pädagogik besteht jedoch eine Tradition der "schönen Rede". Der prominenteste Protagonist dieser Tradition ist Hartmut von Hentig. Diese Tradition zeichnet sich vornehmlich dadurch aus, dass der Redner lauter Bekenntnisse zum Besten gibt, die auch noch ideologisch eingefärbt sind. Dabei ist die wissenschaftliche Verifizierbarkeit völlig unbedeutend. Die schön artikulierte, mit Vehemenz, Pathos und Larmoyanz durchsetzte Verbalität findet stets Rezipienten, die das Gehörte als die Beschreibung einer wunderbaren Pädagogik begreifen. Alle Hentig-Schüler beherrschen die Gabe der schönen Rede bzw. die Gabe, Sand in die Augen der Zuhörer zu streuen, wofür sie den Beifall von den sogenannten progressiven Pädagogen bekommen.
In diesem Kontext war Gerold Becker ein Meister der Poetisierung von Pädagogik. Ein Meister darin, eine weltliche Schule in eine weltanschauliche Schule umzuwandeln. Statt realisierbarer pädagogischer Konzepte bot er Rhetorik. Statt Pädagogik Ideologie. Seine Gesänge berauschten die Zuhörer. Viele Mitarbeiter der Odenwaldschule Ober-Hambach, kurz OSO, konnten sich selber darin spiegeln, sich als Teilhaber einer großartigen Schule beweihräuchern. Die Außenstehenden waren glücklich zu wissen, dass auf dieser Erde doch Traumschulen Wirklichkeit werden können. Die Becker'sche Dichtung verdichtete sich zu einer einzigartigen Täuschung, der man hingebungsvoll erlag.
Diese vollendete Täuschung und die Abwesenheit einer Aufklärung über die Charakteristika von Päderasten hat uns, den Mitarbeitern der Schule, die Augen verdunkelt, die Wirklichkeit genauer zu sehen. Insofern haben wir es Herrn Becker ermöglicht, ungestört seinen Trieben nachzugehen. Von dieser Blindheit haben auch andere Päderasten profitiert.
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