Wozu experimentieren, wozu die Reduktion der Wirklichkeit?
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Die Erfahrungen aus der Arbeit von Ansari in den Kitas lassen ein grundlegendes Problem erkennen: Oft besteht eine Kluft zwischen dem, was ein Kind meint und dem, was wir Erwachsenen verstehen. Erwachsene stellen häufig ein Experiment in den Mittelpunkt und möchten damit bestimmte Naturgesetzmäßigkeiten sichtbar machen, wobei das Ergebnis bzw. die Deutung / Beschreibung des Experiments von vorneherein im Fokus des Erwachsenen steht. Diese Fixiertheit auf ein Ziel hin steht im Wege, Bemerkungen der Kinder zu verstehen, wenn sie das Ergebnis des Experiments ganz anders deuten.
Beispiele:
Schwimmen und Sinken:
Verschiedene Gegenstände werden ins Wasser gelegt. Die Kinder sollen dann – je nach Verhalten der Gegenstände – sagen, was schwimmt und was nicht. Kinder antworten richtig.
Dann wird ein Fischmodell ins Wasser gegeben, das Modell bleibt auf der Wasseroberfläche liegen. Die Erzieherin fragt nun die Kinder, ob der Fisch schwimmt. Ein Kind antwortet: Nein. Bei Nachfrage bleibt das Kind dabei, die Erzieherin ist völlig verunsichert, wieso es zu dieser Fehlleistung – ihrer Ansicht nach – kommt.
Herr Ansari greift ein und fragt das Kind: „Wie meinst du das?“ Das Kind antwortet: „Es lebt nicht, daher schwimmt es auch nicht.“
Hier wird das Missverständnis erklärlich: Im Fall des Fisches verbindet das Kind offenbar den Vorgang des Schwimmens mit einem bewegten Zustand. Vielleicht denkt es an ein Aquarium mit schwimmenden Fischen. Kinder haben andere Bilder und Deutungen als ein Physiker. Für das Kind fallen die Kategorien Fisch und Bewegung zusammen. Im Englischen wird sauber zwischen float (auf der Wasseroberfläche liegen) und swim (aktiv schwimmen) unterschieden, entsprechend heißt das Thema im Englischen auch „float and sink“. Da die Erzieherin auf ihr Ergebnis fixiert ist, kann sie die Möglichkeit des Dialogs nicht wahrnehmen.
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